Wohnungsmarkt in Berlin

WIESO WERDEN WOHNUNGEN IN BERLIN IMMER TEURER – UND WAS KANN MAN DAGEGEN TUN.

Der Vermieter bietet eine Wohnung zu dem für ihn besten- also höchsten- Preis an, erzielt damit hohe Einnahmen und einen hohen Gewinn, so die oft gehörte Meinung. Doch stimmt dieses Klischee?
Tatsächlich muss ein Vermieter viele Faktoren bei der Bildung des Mietpreises beachten. Er muss zum einen und vorrangig versuchen, seine Kosten zu decken – bei einem verwahrlosten Haus leiden die Mieter und verliert der Vermieter Werte. Dann sind immer die gesetzlichen Kriterien bei der Mietgestaltung zu beachten, die den Mietzins reglementieren: von der Mietpreisbremse bis zu den Wucherregelungen. Und schließlich ist da auch der Markt: ist die Miete zu hoch, bleiben die Interessenten aus und sinken die Chancen auf eine schnelle und vor allem dauerhafte Vermietung ohne Ausfälle – bei fortlaufenden Kosten.
Wie setzt sich also regelmäßig ein Mietpreis zusammen? Wie bildet sich der Preis für eine Wohnung? Das zeigen wir Ihnen hier…

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Aktueller Stand

Neue Wege für Berlin hat im September 2020 eine Studie des Forschungsinstituts Empirica vorgelegt, die erschreckende Ergebnisse zutage förderte. In den Jahren 2018/19 wurden nur 9 % aller Neubau-Wohnungen im frei finanzierten Wohnungsmarkt im Segment der bezahlbaren Mietwohnungen, also mit Nettokaltmieten von bis zu 10 Euro pro Quadratmeter fertiggestellt. Über 90 % der fertig gestellten Wohnungen waren damit nur für Besserverdienende geeignet. Zwar gelten mittlerweile Wohnungen mit Nettokaltmieten von bis zu 11 Euro pro Quadratmeter als bezahlbar – aber zugleich sind seit 2020 die Baukosten im Wohnungsneubau um gut 30 % gestiegen und haben sich die Finanzierungskosten massiv erhöht. Damit dürften mittlerweile praktisch keine bezahlbaren Wohnungen mit Nettokaltmieten von bis zu 12/13 Euro pro Quadratmeter mehr errichtet werden – geschweige denn Wohnungen mit einer Nettokaltmiete von bis zu 11 Euro pro Quadratmeter.

Dramatisch schlecht ist auch die Bilanz bei den geförderten Sozialwohnungen, die einen Wohnberechtigungsschein erfordern: Zwischen 2014 und 2021 wurden in Berlin insgesamt nur gut 6300 neue Sozialwohnungen auf den Weg gebracht. Im Jahre 2022 wurde bis Herbst sogar kein einziger neuer Antrag auf den Bau von Sozialwohnungen gestellt. Zugleich fallen im Schnitt jedes Jahr 4000 bis 5000 Wohnungen aus der Sozialbindung. Damit sind Berlin zwischen 2014 und 2022 weit über 30 000 Sozialwohnungen verloren gegangen. Mit anderen Worten: Berlin hat heute weniger bezahlbare und soziale Wohnungen als noch vor acht Jahren. Dieses Scheitern des sozialen und bezahlbaren Wohnungsbaus ist Folge einer bewussten Bauverhinderungspolitik, insbesondere von Stadtentwicklungssenatoren der Linkspartei. Deshalb braucht Berlin eine Trendwende in der Bau- und Wohnungspolitik. Ein erster Ansatz hierfür ist die im Herbst 2022 – viel zu spät – beschlossene Ausweitung der Förderung für den Sozialen Wohnungsbau mit dem Ziel von 5000 Wohnungen im Jahr. Aber auch hier ist man angesichts der weiter sinkenden Zahl von Sozialwohnungen, steigender Baupreise, steigender Finanzierungskosten sowie des Baulandmangels zu kurz gesprungen – zumal der viel größere Bereich bezahlbarer Wohnungen jenseits der Wohnberechtigungsscheine ohne jede ausreichende Unterstützung bleibt.

Ziel muss daher weiterhin sein, durch extensiven Wohnungsneubau im unteren und mittleren Preissegment einen zunehmend entspannten Wohnungsmarkt herzustellen, der auch für „Normalverdiener“ wieder bezahlbaren Wohnraum schafft. Denn neben gesetzlichen Regelungen ist der beste Mieterschutz noch immer ein Wohnungsmarkt, auf dem sich Nachfrage und Angebot weitgehend die Waage halten.

Entwicklung des Wohnungsmarktes in Berlin

Es gibt keine exakten Zahlen für Berlin, aber Studien gehen davon aus, dass heute mehr als 100 000 Wohnungen fehlen, um einen ausgeglichenen Wohnungsmarkt herstellen zu können. Die vom Land Berlin im Stadtentwicklungsplan Wohnen StEP Wohnen 2030 geplanten Neubauaktivitäten dürften nicht einmal ausreichen, um den zusätzlichen Wohnungsbedarf durch Zuzug zu decken. Daher gehen Experten davon aus, dass der Fehlbedarf an Wohnungen bis 2030 auf mindestens 135 000 Wohnungen anwächst. Spezielle Zielgruppen wie Studenten, junge Familien, Behinderte, Wohnungslose u. a. sind in diesen Fehlbedarf noch nicht einmal eingerechnet.
Tatsächlich wird aber in Berlin immer weniger gebaut. So sind in Berlin– gerade auch aufgrund der verfehlten Wohnungsbaupolitik – von 2019 bis 2021 die Fertigstellungen um gut 16 % zurückgegangen. Ein Trend, der sich 2022 bis Herbst mit einem weiteren Rückgang um 6,9 % fortsetzte. Die Statistik zeigt, dass es an der Politik des Rot-Rot-Grünen Senats lag: so baute Hamburg in den Jahren 2020/2021 pro 100.000 Einwohner fast 20 % mehr Wohnungen als Berlin.

Eingefrorene Mietpreise bieten dem Vermieter weniger Anreize für Reparaturen und Modernisierungen.

Christine Whitehead (London School of Economics)

Die falsche Politik

So kann es nicht verwundern, dass Berlin in den letzten Jahren die Stadt war, in der die Mieten wie in keiner anderen Stadt Deutschlands anstiegen. Doch statt Neubau weiter zu forcieren, um endlich den Fehlbestand an Wohnungen abzubauen und den Markt ins Gleichgewicht zu bringen, wurden und werden in Berlin nur massive Markteingriffe diskutiert und umgesetzt: Sei es der Mietendeckel oder die Idee der Enteignung großer privater Wohnungsunternehmen. Weder Mietendeckel noch Enteignung bauen jedoch auch nur eine einzige neue Wohnung.
Im Gegenteil, sie schrecken Investoren ab, verhindern Investitionen und haben noch dazu eine höchst unsoziale Wirkung. Der inzwischen für verfassungswidrig erklärte Mietendeckel senkte gerade die Mieten der Besserverdienenden besonders stark ab, während Sozialwohnungen sogar vom Mietendeckel ausgenommen sind. Diesen sozialen „Kollateralschaden“ hatte der Rot-Rot-Grüne-Senat bewusst in Kauf genommen.

Mietpreisbremse

Wohnungen sind ein Wirtschaftsgut, zugleich aber auch als soziales Gut eine wesentliche Grundlage menschlicher Existenz. Beide Güter dürfen deshalb nicht gegeneinander ausgespielt, sondern müssen jeweils mit ihren berechtigten Ansprüchen und Notwendigkeiten berücksichtigt werden. Bei ausufernden Mietsteigerungen ist es Aufgabe des Staates, im Rahmen der sozialen Marktwirtschaft ordnungspolitisch einzugreifen und durch Mieterschutzgesetze schutzbedürftige Mieter zu schützen sowie durch verstärkten Wohnungsneubau durch alle Marktteilnehmer wieder einen entspannten Wohnungsmarkt herzustellen. Die 2015 eingeführte Mietpreisbremse kann dafür ein vorübergehendes Instrument sein. Bei all diesen – wie auch anderen – Eingriffen ist aber fortlaufend zu prüfen, ob sie – ggf. weiterhin – geeignet sind, das Ziel eines ausgewogenen Wohnungsmarktes zu erreichen oder ob sie nicht kontraproduktiv wirken und letztlich zulasten der Mieter und Vermieter die Kosten erhöhen, ohne Abhilfe zu schaffen.

Ausblick

Um bezahlbare Mieten zu ermöglichen, muss das Wohnungsangebot massiv durch Neubau erhöht werden. Zugleich ist sicherzustellen, dass nicht schon die Baukosten der Neubauwohnungen bezahlbaren Wohnraum unmöglich machen.

Daher:

1. Die Förderprogramme für den sozialen und insbesondere den bezahlbaren Wohnraum müssen ausgebaut werden. Neue Förderprogramme und Finanzierungsprogramme müssen geschaffen werden. Dabei sind vor allem auch private Wohnungsunternehmen in die Verantwortung zu nehmen. Sie tragen heute fast 70 % des Neubaus in Berlin. Ohne sie werden wir in Berlin die Neubauziele nicht erreichen können.

2. Das Land Berlin muss stärker als bisher durch Ankauf bzw. Ausweisung neuer landeseigener Baulandflächen – auch in den Außenbezirken – für mehr Bauland sorge und der Baulandverknappung entgegenwirken. Diese Flächen müssen gerade auch für bezahlbaren und sozialen Wohnungsneubau allen Marktteilnehmern zum Kauf bzw. als Erbbaurecht angeboten werden. Weil Grund und Boden begrenzte Güter sind, muss der Spekulation durch leistungslose Gewinne ein Riegel vorgeschoben werden. Dafür gibt es zahlreiche unterstützenswerte Vorschläge, wie z. B. die Durchsetzung von Baugeboten oder eine Bodenwertzuwachssteuer, die solche spekulativen Wertzuwächse unbebauter Grundstücke verhindern können.

3. Das Bauen muss billiger werden: Die Genehmigungsverfahren sind zu straffen, die immer weiter zunehmenden Bauanforderungen sind kritisch im Hinblick auf ihre Sinnhaftigkeit und Kostenwirkung zu überprüfen.

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